Grünbuch macht- und mutlos bei der Klimapolitik; die Umweltministerin als Dea ex machina?

Welchen Beitrag wie die Stromerzeugung  zur Erreichung der klimapolitischen  Ziele bis 2020 leisten soll, bleibt im Grünbuch des Wirtschafts- und Energieministeriums unklar.  Hat die Umweltministerin einen Plan?  

Kapitel 8 des BMWi Grünbuchs  „Ein Strommarkt für die Energiewende“ ist ein merkwürdiges Kapitel. Es steht nicht drin, was die Überschrift verkündet, nämlich wie man „die Klimaschutzziele erreichen“.  

Dabei wird die kurz und mittelfristig große Herausforderung klar benannt und es werden weitere Maßnahmen angekündigt:

„Um das nationale Klimaziel von -40% im Jahr 2020 gegenüber 1990 zu erreichen und auf den Zielpfad in Richtung langfristiger Klimaziele einzuschwenken, sind nach aktuellen Projektionen weitere Maßnahmen erforderlich.  Auch der Stromerzeugungssektor wird hierbei aufgrund seines hohen Anteils an den nationalen Emissionen einen Beitrag leisten müssen.“

Dann wird die Absicht kundgetan, das „Emissionshandelssystem zu reformieren“.  Was dann folgt ist ein Bekenntnis der Machtlosigkeit innerhalb des europäischen ETS, das mit einer Passage endet, deren Logik mir verschlossen bleibt:

„Zwar würden mit dem Reformvorschlag der Bundesregierung zirka die Hälfte der von der Europäischen Kommission bis 2020 projizierten Überschüsse abgebaut werden. Es verblieben jedoch bis 2020 immer noch signifikante Überschüsse im Markt. Dementsprechend dürfte es zum Ende dieser Handelsperiode zu einem Preisanstieg bei den Zertifikaten und damit sehr wichtigen Signalen für zukünftige Investitionen kommen“

Vielleicht hat jemand den mittleren Satz eingefügt und nicht bemerkt, dass man damit die Absicht, Hoffnung in den ETS zu setzen,  gleich wieder zunichte gemacht.

Jetzt erwartet der Leser die weiteren Maßnahmen, die  „für das Strommarktdesign die flankierenden Instrumente und regulatorischen Rahmenbedingungen von besonderer Bedeutung“  sind.  

Dann kreißt der Berg und gebiert ein Mäuschen.  Mit Verlaub, liebe KWK Freunde, es ist schwer vorstellbar, dass mit der Aktivität „Die Rolle der KWK beim Umbau des Kraftwerksparks klären“  die CO2 Emissionen  bis 2020 entscheidend gesenkt werden können.

Was könnte noch gemacht werden?  Im Grünbuch steht nicht dazu.  Zu der Machtlosigkeit beim ETS gesellt sich anscheinend Mutlosigkeit.  

Entsatz kommt jetzt von anderer Seite.  Wenige Tage nach der  Veröffentlichung des Grünbuches tritt die Umweltministerin  vor die Medien und sagt laut Handelsblatt: „Es wird wohl nicht anders gehen, als dass wir auch Kohlekraftwerk-Kapazitäten abbauen“,  anlässlich  der Vorstellung des IPCC Berichts.

Das ist zumindest eine mutige Aussage. Offen ließ auch die Ministerin,  wie dieses Ziel erreicht werden soll.  Aber plötzlich stehen konkrete Überlegungen im Raum,  von denen man allerdings nicht weiß, wo sie herkommen und wie viel Unterstützung sie in der Koalition haben: Gezielte Maßnahmen  für die Kohlekraftwerke?  Schließung mit Abfindungen?  auch mit Blick auf die Arbeitnehmer?  mit Rücksichtnahme auf die  besonders betroffenen Länder NRW und Brandenburg?

Überlegungen dazu könnten  auch im Grünbuch  stehen,  zumindest als  Optionen.  Falls die für Dezember angekündigte  BMBU Vorlage von der Bundesregierung angenommen wird, werden die Maßnahmen gewiss im Weißbuch stehen.

 

Diese Beobachtungen leiten zu einer  Reflektion,  was eigentlich der Gegenstand des Grünbuches ist.  Offenbar ist es nicht der Stromsektor als Ganzes, sondern im Kern „nur“ der Strommarkt bzw. dessen verschiedenen Bestandteile und die direkt damit zusammenhängenden regulatorischen Rahmenbedingungen. Die Regelungen des EEG werden im Grünbuch als externe Vorgaben betrachtet. Bei einigen anderen Regelungen (Stromsteuer, ETS u.a.m. . .) wird zumindest an Modifizierungen gedacht, besonders um die "Strommärkte" effektiver zu machen.  Eine Trennung in der Behandlung der Vielzahl der Themen ist sicher hilfreich, um die Komplexität in der Betrachtung zu reduzieren, und  Themen eines nach dem anderen abarbeiten zu können. Es besteht jedoch auch die Gefahr, die integrale Sicht zu verlieren.

So könnte man ja auch einmal die Frage stellen, was geschieht, wenn ab 2017 gemäß EEG Auktionen für Kapazitäten mit Erneuerbare Energien eingeführt werden.  Können solche Aktionen mit denen in Verbindung gebracht werden, die als Instrumente eines  Kapazitätsmarktes zur Sicherung  der Verfügbarkeit  in Teil III als Optionen diskutiert werden, also auch fuer fossile Kapazitäten durchgeführt werden?

Um diese integrale „systemische“  Sicht  zu sichern, sollte die Thematik des  Weißbuches  2015 breiter angelegt sein, und die politische Programmatik für den ganzen Stromsektor einbeziehen, nicht nur für den  „Strommarkt“ im engeren Sinne.  

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