Die künftige Ausdehnung der Kraft-Wärme Kopplung in Deutschland wird von mehreren Seiten bedrängt. Erneuerbare Energien erobern die Stromerzeugung, Energieeffizienz verkleinert den Wärmemarkt und die Preise für fossile Energien und CO2 Emissionen entwickeln sich ungünstig. Gibt es trotzdem noch Raum für seinen Ausbau und einen Beitrag zur Senkung der CO2 Emissionen?
Das ist die Kernfrage, die eine umfangreiches Gutachten im Auftrag des BMWi zu beantworten sucht, und darüber hinaus die Frage, wie die politische Weichenstellung angepasst werden sollte, um die KWK Potentiale zu fördern. Das steht im Zusammenhang mit der vorgesehenen Überarbeitung des KWK Gesetzes. Es ist die dritte eines Typs von Studien, mit denen die Bundesregierung die fachlichen Grundlagen für wesentliche Aspekte der Energiewende im Stromsektor legen will, nach den kürzlich veröffentlichten Arbeiten zum Kapazitätsmarkt und zu den Verteilernetzen. Diese Studie ist von einem noch breiteren Konsortium erarbeitet worden als jene, wobei der Auftraggeber offenbar darauf geachtet hat, sich nicht schon durch die Auswahl der Gutachter dem Vorwurf einer Tendenz zugunsten wirtschaftlicher Interessen auszusetzen. Die vertiefte realitätsnahe Untersuchung erfordert immer auch Daten aus dem Sektor, was in diesem Fall offenbar durch die federführende Beteiligung von PROGNOS gewährleistet ist, die im Jahre 2013 eine KWK Potentialstudie für die Verbände BDEW und AGFW vorgelegt hat, sowie der Einbeziehung des Ingenieurbüros BHKW-Consult fuer die kleineren Anlagen. Die beiden Fraunhofer-Institute können sollen die systemische Betrachtung (IREES) und die technischen Materialinnovationen (IFAM) abdecken.
Es ist eine breite, tiefe und auch umfassende Studie dabei herausgekommen. Mehr noch als in den beiden oben erwähnten Studien ist der Systemzusammenhang berücksichtigt, hier sowohl strom- als auch wärmeseitig. Es gibt es eine Kurzfassung der vier Hauptpunkte Kosten-Nutzen-Analyse, Potenzialanalyse für die KWK, Mögliche Rolle der KWK im zukünftigen Strom-und Wärme- Versorgungssystem und eine Zwischenevaluierung des KWK Gesetzes. Dazu gibt es noch eine Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen für die Politik, in der besonders auch auf die Perspektive bis 2020 eingegangen wird.
Mit Verweis auf diese beiden Zusammenfassungen will ich hier nicht die Einzelergebnisse referieren. Beim Lesen der Studie entsteht der
Eindruck, dass die KWK in den verschiedenen Segmenten an
Grenzen stößt, und dass es bereits kurz- und mittelfristig eine Stagnation geben kann, wenn die Anreize nicht verändert werden. Am meisten Ausbaupotential wird noch bei den größeren KWK- Anlagen im der Kombination mit der Fernwärme gesehen. Hier stellt sich dann gleich die Frage, ob es denn bei sinkender
Wärmedichte (aufgrund steigender Energieeffzienz) noch einen substantiellen Ausbau der Fernwärme in Deutschland geben wird.
KWK Systeme sind kapitalintensiv und ihr wirtschaftliches Potential verringert sich wenn die Auslastung sinkt bzw. wenn die Erlöse durch Mengen- oder Preissenkungen zurückgehen, oder – bei Eigennutzung der Wert der selbsterzeugten Energie sinkt. Die Zunahme der Stromerzeugung aus nicht-KWK-fähigen Erneuerbaren wie Solar-PV und Windkraft und das Rückzugsgefecht von Kernenergie und Kohlekraft (bei niedrigen Kohlekosten) führen kurz und mittelfristig zu einem Erlösverfall am Strommarkt. Hinzu kommt die ungünstige Preisentwicklung der vorherrschenden KWK Einsatzenergien Erdgas, sodass die Betriebskosten der KWK nicht entsprechend gesenkt werden können.
Die Studie identifiziert speziell die Wärmespeicher-Technologien und die Ungleichzeitigkeit der variablen Stromerzeugung aus Solar- und Windenergie mit derjenigen der KWK als Option zur Optimierung. Flexible Stromerzeugung aus KWK, die nicht eng vom Wärmebedarf geführt werden muss, kann erheblich zur Deckung der Stromnachfrage bei Solar/Wind-Angebotstälern beitragen. So kann KWK doch Freund der Erneuerbaren bleiben.
Etwas befremdlich für den Volkswirt sind die Termini „Kosten-Nutzenanalyse“ und das „volkswirtschaftliche“ Betrachtung im Unterschied zur „betriebswirtschaftlichen“ im entsprechenden Teil der Studie. Wer hier eine breitere Diskussion der volkswirtschaftlichen Kosten und Nutzen erwartet, wird enttäuscht. Es ist eine einzelwirtschaftliche Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der verschiedenen Fallgestaltungen, und in der der „volkswirtschaftlichen“ Analyse sind einzelne Parameter weggelassen oder verändert, wie z.B. Steuerzahlungen bzw. die Diskontraten. Preisannahmen bleiben unverändert, auch die für CO2-Zertifikats-Preise, und Aspekte wie Beschäftigung, Außenwirtschaft etc. bleiben außen vor. Dieser Ansatz wird offenbar geprägt durch eine Vorgabe der EU, da diese Studie auch gegenüber der Effizienzrichtlinie der EU genutzt werden soll.
Sind die Ergebnisse auch für andere Länder von Interesse? Methodisch in jedem Fall, und sachlich umso mehr, desto mehr KWK und Fernwärme schon in den Energiesystemen betrieben wird. Dazu gehören neben Nordeuropa auch die winterkalten Länder von der Ukraine bis (Nord-) China und im Zipfel Südamerikas. Zunehmend kommt die Betrachtung auch für die Kraft (-Warme)-Kälte Kopplung in Betracht.
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Dr. Paul H. Suding Mail: paul@elsud.net
Greijze Graaf 9
6245 KG Eijsden/Mesch
The Netherlands
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